Vom Mistfahren am Karfreitag aus Rache für die Störung an Fronleichnam und anderen Gemeinheiten (vgl. Wochenblatt 13/2018). Kleine und große Sticheleien gehörten wohl zum Jahresablauf der kirchlichen Feste über das Jahr. Aus demonstrativer Gruppenzughörigkeit oder auch vom jeweiligen Pfarrer befördert, das lässt sich nicht mehr genau sagen. Es nahm auch Formen eines Rituals an: Wie du mir, so ich dir. Allres andere als die christliche Lehre fordert.     

Im 16. Jh., gleich nach der Reformation teilte sich Westfalen in zwei Glaubensregionen.


An Karfreitag gab es bei den Katholiken auch Andachten und  den Kreuzgang. Es war aber normaler Arbeitstag und es wurde gerne Ställe „gewittelt“, Garten- und Feldarbeiten durchgeführt (gerne auch das Mist– und Jauchefahren). Bei der evangelischen Bevölkerung hingegen war Karfreitag der höchste christliche Feiertag mit völliger Arbeitsruhe. An Fronleichnam schlug dann die Stunde der Rache. Da zeigten die Evangelischen eine hohe Betriebsamkeit im Haushalt, im Garten und auf dem Feld.


Der kulturelle Unterschied ging noch tiefer: Die einen feierten Namenstag, die anderen Geburtstag. Die einen stellten Wegkreuze und Bildstöcke auf, die anderen nicht. Die einen hatten Prozessionen und Wallfahrten, die anderen Posaunenchöre und Bibel-Hauskreise. Selbst Vereine waren konfessionell getrennt und Mischehen gab es praktisch nur sehr selten. Diese Glaubensspaltung hielt an, als 1815 ganz Westfalen preußisch wurde und der König Oberhaupt der reformierten Christen war. Und das stärkte den protestantischen Bevölkerungsteil.


Der Kulturkampf im Bildungswesen und kirchlichen Bereich unter Bismarck (1870-80) ließ die Katholiken noch weiter auf Distanz gehen. Es bildete sich  ein streng differenziertes Vereinswesen aus. Die neue Partei, das Zentrum wurde politische Heimat vieler Katholiken bis 1933. Erst mit einer Million Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten begann ein konfessionelles Nebeneinander auch auf dem Lande. Aber noch in den 1970-er Jahren bedurfte es der Diskussion, ob z. B. ein geschiedener Lehrer weiter an einer öffentlichen unterrichten durfte.   

Zu Brakel und Umgebung

Brakel war ab 1560 zunehmend, später ganz evangelisch und wurde erst 1611 wieder völlig rekatholisiert und Teil des streng katholischen Hochstiftes geworden. In Brakel kamen mit den Preußen 1815 auch evangelische Christen in die Stadt. 1844 wurde die evangelische Gemeinde gegründet und die Mitnutzung der Kapuzinerkirche bestand seit 1831. Die Querelen und der gegenseitigen Provokationen führten schließlich 1912 zum Bau einer eigenen evangelischen Kirche in der Bahnhofstraße. Zu dieserZeit hatte Brakel etwa 90 % Katholiken und 10 % Evangelische und Juden. Das religionsgebundene Schulwesen bestand bis ca. 1960.

In den Orten Amelunxen, Bruchhausen und Beverungen dauerte es in die 1980-er Jahre, bis die Glaubensspaltung überwunden war. Seit 2000 ist die Ökumene überall selbstverständlich und die Kirchen bewegen sich aufeinander zu.